Das Zitat im Titel wird – möglicherweise zu Unrecht – Henry Ford zugeschrieben.
Dass die weitaus meisten Menschen das Geldsystem nicht verstehen, zeigt, nicht zum ersten Mal, die Studie „Money Knowledge or Money Myths? Results of a population survey on money and the monetary order“ , zu Deutsch: Geldwissen und Geldmythen? Ergebnisse einer Bevölkerungsumfrage zum Geld und zur Geldordnung.
Die Autoren stellten 2000 repräsentativ ausgewählten Österreichern drei Fragen. Zwei davon beziehen sich auf die grundsätzliche Funktionsweise des Geldsystems:
- Was denken Sie, wie wird Geld geschaffen?
- Was denken Sie, wodurch sind Bankguthaben und Bargeld gedeckt?
Es gibt zwei richtige Antworten zur ersten Frage. „Die Zentralbank druckt es“, das Bargeld nämlich, und „Die Banken geben Kredit“, wodurch die Bankguthaben entstehen, mit denen wir die weitaus meisten unserer Käufe (nach Volumen) bezahlen.
82% wussten, dass die Zentralbank das Bargeld druckt, bzw. drucken lässt. Aber nur 12% wussten über die Entstehung der Bankguthaben Bescheid. 50% kreuzten eine der vier angebotenen falschen Erklärungen an, z.B. „durch Aktienemission“ oder gaben Nichtwissen kund.
Zur zweiten Frage wussten nur ganze 7%, dass unser heutiges Geld durch nichts gedeckt ist. Weitere 12% kamen der Wahrheit immerhin recht nahe, indem sie ankreuzten „Durch das Vertrauen der Menschen.“
Mehr als zwei Drittel (68%) glauben tatsächlich, das Geld sei durch Gold gedeckt, was es seit 1971 auch indirekt nicht mehr ist. Die Regierungen haben sich sogar gegenüber dem Internationalen Währungsfonds verpflichtet, keine goldgedeckten Währungen herauszugeben. (Sie wären eine zu gefährliche Konkurrenz für den Dollar.)
Eberhard Gamm erklärt das Geld
Eines der hellsichtigsten Bücher oder Traktate über die Natur des modernen Geldes und die Funktionsweise des Geldes ist das im Internet frei verfügbare Werk „Was ist Geld? – Die fehlerhafte Buchführung der Banken und ihre Folgen“ , von Eberhard Gamm.
Gamm ist Berater für Signalverarbeitung und Nachrichtenübertragung. Es hilft, kein Ökonom zu sein, um das Geldsystem zu verstehen.
Die beste Appetitanregung liefert er mit der vorangestellten Kurzfassung:
“
- In diesem Buch wird gezeigt, dass
• Geld eine Buchführungsgröße ist, mit der erbrachte und in Anspruch genommene Leistungen abgerechnet werden;
• es sich bei einer Zahlung um die Verbuchung einer Leistungstransaktion handelt;
• sich ein Kredit fundamental von einem Darlehen unterscheidet;
• die Bilanzen der Banken in zwei Teile aufgespalten werden müssen: ein Abrechnungssystem und die Bilanz eines Bankbetriebs;
• die Insolvenz einer Bank nur den Bankbetrieb betrifft und keine Auswirkungen auf das Abrechnungssystem hat;
• die Insolvenz eines Wirtschaftsteilnehmers nicht zwangsläufig dazu führen muss, dass ausstehende Zahlungen nicht mehr erfolgen und die entsprechenden Verkäufer leer ausgehen;
• die Zentralbanken ein Relikt aus der Zeit der Gold- und Silber-Währungen sind und die klassischen Instrumente der Zentralbanken heute weitgehend wirkungslos sind;
• zahlreiche allgegenwärtige Aussagen über Geld aus der Zeit der Gold- und Silber-Währungen stammen und unter den heutigen Bedingungen nicht mehr zutreffen;
• die Buchführung der Banken und der Zentralbanken nicht den Grundsätzen der kaufmännischen Buchführung entspricht;
• es im Geldwesen nur um zwei Fragen geht:
(1) Wer bekommt wie viel Kredit?
(2) Wie werden die Lasten von Kreditausfällen verteilt?“
Da es sehr von Vorbildung und Interesse der Leser abhängt, was man an dem umfassenden Werk besonders interessant und erhellend findet, will ich es hierbei und bei der warmen Empfehlung belassen, sich das Buch selbst anzuschauen. Es finden sich sehr viele Buchführungssätze darin, die zum Beleg des Gesagten nützlich sind. Um die Aussagen zu verstehen, kann man aber an den Buchführungssätzen vorbei lesen, wenn man daran so wenig Freude hat wie ich.
Gamm zeigt, dass unser Bankensystem und die Regulierung und Rechnungslegung dahinter sich nie richtig vom Zeitalter der Goldwährungen gelöst haben, weshalb viele Vorschriften im Zeitalter der durch nichts gedeckten Fiat-Währungen unsinnig und kontraproduktiv sind.
Dem stellt er das Target-2-Abrechnungssystem zwischen Europäischer Zentralbank und nationalen Zentralbanken des Euroraums entgegen. Das ist ein modernes Geldsystem, das ohne den Balllast der Goldwährungsgeschichte entworfen wurde. Es ist für ihn der Referenzpunkt um das aus Bargeld und Bankengeld bestehende gesellschaftliche Abrechnungssystem zu verstehen und zu beurteilen, mit dem wir unsere Rechnungen „bezahlen“.
Mir haben vor allem die Passagen zu Konkursen ein neues Verständnis eröffnet, das ich vorher nicht hatte. Gamm erklärt, wie unsinnig unser Konkursregime ist, bei dem diejenigen, die zufällig vom Konkursunternehmen noch Geld zu bekommen haben, die einzigen Gekniffenen sind, was zu vielen kontraproduktiven Verhaltensweisen und Arrangements führt (S. 177ff., insbes. S. 204ff).
Klaus Karwat will den Kapitalismus retten
Während Gamms Werk das Abrechnungssystem Geld völlig unabhängig vom Wirtschaftssystem beschreibt, dessen Transaktionen damit abgerechnet werden, will Klaus Karwat mit „Schuldenfreiem Geld“ den Kapitalismus retten. „Schuldenfreies Geld: Warum der Kapitalismus eine Systemreform braucht“ , heißt sein Buch. Ich ging daher etwas skeptisch an die Lektüre, habe ich doch gerade mein Buch „Endspiel des Kapitalismus“ veröffentlicht, in dem ich argumentierte, dass der Kapitalismus der vermachteten Märkte durch eine Marktwirtschaft (ohne Kapitalismus) ersetzt werden sollte.
Karwat ist Politik und Verwaltungswissenschaftler und Vorsitzender des Vereins Monetative e.V.
Das Buch ist leichter verständlich als Gamms Werk, aber viele Aussagen von Karwat muten leicht verschoben an, wenn man einmal die Sichtweise von Geld als Abrechnungssystem der Leistungsbilanzen der Gesellschaftsmitglieder verinnerlicht hat. Warum soll so ein Abrechnungssystem einen Wachstumszwang schaffen und unsere Lebensgrundlagen zerstören?, fragt man sich (S. 47f). Für mich weist Karwat hier Probleme des Kapitalismus dem Geldsystem zu.
Wie das Geldsystem funktioniert, erklärt Karwat aber sehr gut. Es ist leichter verständlich, weil er beim bestehenden System bleibt, und es nicht wie Gamm durch die Linse eines nicht durch Denkweisen des Goldwährungszeitalters bastardisiertes reines Abrechnungssystem betrachtet. Karwats Buch ist daher der bessere Start für Menschen, die anfangen, über das Geldsystem nachzudenken, um ihr Verständnis deutlich zu verbessern.
Dass die Buchführungsregeln der Banken und Zentralbanken sehr fragwürdig sind, schreibt Karwat wie Gamm. Für mich dringt er aber nicht ganz so klar zum Kern des Problems vor.
Klaus Karwat: Schuldenfreies Geld. Metropolis. 19.80 Euro.
Mehr
Ich selbst habe mich auch einmal in einer vierteiligen PDF-Reihe versucht, unser Geldsystem gut verständlich zu erklären.
Das Geldsystem einfach erklärt
Außerdem:
Gericht kippt Verwahrentgelt für hohe Guthaben – Sprachliche Verwirrung treibt Blüten